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Jede Zahl hat ein Gesicht

Finanzkommunikation im Bistum Regensburg

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„Es gibt keinen Euro der nicht mit einem Gesicht verbunden ist“

Seit September 2021 ist Dr. Roland Batz Generalvikar des Bistums Regensburg. Da er mit den Ausführungen von Michael Fuchs uneingeschränkt übereinstimmt, bleiben die Ausführungen seines Vorgängers an dieser Stelle erhalten.

Frage:
Sie waren derjenige, der im Bistum Regensburg die Transparenzinitiative aufs Gleis gesetzt hat. Wenn das Projekt im Zielbahnhof eingerollt ist: Was wird dann im Bistum Regensburg besser sein als heute?

Ehem. Generalvikar Fuchs: 
Die Finanztransparenzinitiative, wie wir sie jetzt im Bistum Regensburg durchführen, ist angestoßen durch einen Diskussionsprozess vieler deutscher Diözesen. Auch wir wollen mit dabei sein und mehr Transparenz in die Finanzverwaltung, in die Immobilienverwaltung, in die ganzen Bereiche unserer Ressourcen bringen. Damit wollen wir zeigen, dass wir verantwortlich mit dem umgehen, was uns anvertraut ist. Uns ist es sehr wichtig, dass die Mittel und Ressourcen die wir haben, keinen Selbstzweck erfüllen. Die Mittel sind für die Aufgaben der Kirche da, für die Menschen, die der Kirche angehören, aber auch für alle Menschen unserer Region, die herzlich eingeladen sind, in unsere Einrichtungen zu kommen: in unsere Kindergärten, in unsere Sozialstationen, in unsere Schulen. Für sie alle sind die Mittel da und für sie sollen sie effektiv und sparsam eingesetzt werden.

ehem. Generalvikar Michale Fuchs stehend im Portrait

Frage: 
Was wird die breite Öffentlichkeit gewinnen, wenn die Transparenzinitiative abgeschlossen ist?

Ehem. Generalvikar Fuchs: 
Wir fangen mit der Finanztransparenz nicht bei null an. Schon bisher konnte jeder Interessierte den Jahreshaushalt der Diözese einsehen. Dabei sah er, welche Ausgaben und welche Einnahmen wir haben. Aber wir wollen mehr. Wir wollen darstellen, was wir haben, welche Immobilien wir besitzen, welche Geldanlagen wir haben, welche Ressourcen da sind. 

Die Darstellung orientiert sich an den Handelsgesetzbuch-Standards. Sie sind die höchsten in Deutschland und geeignet für Institutionen wie die Kirche. Es gäbe noch internationale Standards, aber die scheinen uns weniger geeignet. Wir wollen den höchsten Transparenz- und Buchhaltungsstandard, den es in Deutschland gibt. 

Dazu wollen wir nicht nur darstellen, welche Einnahmen und Ausgaben wir haben, sondern auch was wir besitzen. Welche Verantwortungen wir haben, welche Kirchengelder wir einsetzen können, welche Immobiliengelder da sind und auch welche Verpflichtungen wir übernommen haben - beispielsweise für Pensionsrückstellungen und für Rückstellungen für Renovierungen und Baumaßnahmen. Das alles wird in einer solchen Bilanz dargestellt und das ist wesentlich mehr als wir bisher haben. 

Im Bistum Regensburg gilt die Aussage: "Jede Zahl hat ein Gesicht." Es soll keinen Euro geben, der nicht mit einem Zweck und mit einem Gesicht verbunden ist. Sollten wir aber am Ende des Tages merken, dass wir irgendwo Geld horten, nur damit wir Geld besitzen, dann müssen wir sehr kritisch darüber nachdenken: Brauchen wir diese Mittel überhaupt? Können wir sie abgeben? Oder können wir sie dort anlegen, wo sie den Menschen und der Kirche dienen? Für mich ist das ein wichtiger Fortschritt. 
 

"Wir investieren nicht in Hochrisikospekulationen. Denn wir wollen auch in der Niedrigzinsphase stabil sein."

Frage: 
Welche Folgen ergeben sich für Sie als "Bistumsgeschäftsführer" aus der Umstellung der Bilanzstandards? Was bedeutet das zum Beispiel für die Finanzanlagen des Bistums? 

Ehem. Generalvikar Fuchs: 
Für die Diözesanverwaltung heißt das, wir müssen zunächst eine komplette Inventarisierung durchführen, um eine Ausgangsbilanz auszuweisen. Natürlich wissen wir, was uns gehört, aber bisher wurde nie eine systematische Gesamtübersicht zusammengestellt. 

Worauf wir sehr gespannt sind, sind die Verpflichtungen. Wir wollen morgen nicht pleite sein, wir haben Pensionsverpflichtungen für einen Teil unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wir tragen Bauverpflichtungen und wir wollen gut bauen. Es sollte nicht so sein, dass wir nur ein bisschen flicken und 10 Jahren später bricht dann das Dach der Kirche zusammen. Wir wollen gut, nachhaltig und ökologisch vertretbar bauen. 

Das alles sind Aufgaben die damit zusammenhängen, welche Verpflichtungen wir für die Zukunft tragen. Haben wir dafür genügend Mittel? Haben wir vielleicht sogar zu viele? Müssen wir abgeben und abspecken? Das alles sind Fragen, die uns beschäftigen.

Die Umstellung bedeutet aber auch, dass wir intern unsere Arbeit digitalisieren. Rechnungen werden in Zukunft eingescannt, eingelesen und digital weiterverarbeitet. So entsteht das papierlose Büro. 

Unser Geld muss nach wie vor sicher angelegt sein. Das heißt: wir dürfen auch in Zukunft nicht in Hochrisikospekulationen hinein gehen. Die Anlagen müssen diversifiziert sein, also gestreut werden, in viele Bereiche. Nur so können wir auch in dieser Niedrigzinsphase Stabilität gewinnen und gleichzeitig nach vorne planen. 

Mit einer solchen Vorgehensweise können wir unseren Verantwortungen gerecht werden: für die Menschen unserer Region, für die Pfarreien, für unsere sozialen Einrichtungen und für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es kommt darauf an, auch Morgen über die Mittel zur verfügen, um all unsere Verpflichtungen erfüllen zu können.

Frage: 
Nachbarbistümer veröffentlichten ja bereits HGB-umgestellte Zahlen und zu Tage traten gewaltige Vermögen mit Milliardenbeträgen. Wenn Regensburg die Zahl aller Zahlen in den Raum stellt, werden dann auch Sie gefragt werden: Ist die Kirche reich? Die Kirche, die das evangelische Armutsideal verkündet und der zufolge eher Kamele durch Nadelöhre schlüpfen als Reiche in den Himmel. Was werden Sie dann antworten?

Ehem. Generalvikar Fuchs: 
Wenn wir das erste Mal die Bilanz nach Handelsgesetzbuch-Standards veröffentlichen, richtet sich natürlich die Aufmerksamkeit auf die Summe aller Summen. Dann ist die Versuchung groß, zu sagen, die Kirche sei reich. Aber mein Anliegen ist es hinzuschauen: Wozu haben wir die Ressourcen, wozu haben wir die Anlagen? Sind sie zweckgemäß, dienen die Ressourcen den Zielen der Kirche, also allen Menschen unserer Region? Für die Menschen da zu sein, für die Seelsorge da zu sein, für die Bereiche da zu sein, die in unserer Gesellschaft eher vergessen werden: darauf kommt es an. Wenn wir auf diese Zweckbindungen schauen, wird der sogenannte Reichtum relativ. 

Allerdings müssen wir uns auch selbstkritisch fragen, ob wir irgendwo über Ressourcen verfügen, die nicht in konsequenter Weise den Zwecken der Kirche dienen. In solchen Fällen ist es besser, einen Besitz abzustoßen als ihn zu behalten. Nur mehr Geld auf dem Konto zu haben, ist nicht unser Ziel. Wir sollen uns Schätze im Himmel erarbeiten mit guten Werken und guten Taten und nicht Schätze hier auf Erden. Nur wenn unsere Ressourcen den Menschen dienen, dürfen wir sie besitzen. 


"Wenn wir von Zahlen der Kirche sprechen, dann müssen wir schauen was Kirche ist."

Ein Ordner, der in einem Büro auf dem Tisch steht.

Frage: 
So manches im Bistum Regensburg findet im Rahmen der HGB-Umstellung erstmalig seinen buchhalterischen Platz in dieser Welt. Wenn die Kirche selbst Orientierungsgewinne erzielt, kann man es dann der Öffentlichkeit verdenken, wenn die von undurchsichtigen Geflechten kirchlicher Organisationen spricht?

Ehem. Generalvikar Fuchs: 
Die Finanztransparenzinitiative soll auch die Zusammenhänge und Strukturen kirchlicher Einrichtungen transparent machen. Dabei ist zu überlegen, ob wir nicht manches vereinfachen können. Wenn zum Beispiel drei Stiftungen dieselbe Zielsetzung verfolgen: Warum fasst man sie nicht zusammen? Sie mögen geschichtlich gewachsen und von unterschiedlichen Personen gegründet worden sein, aber wir sind in der Jetzt-Zeit und da darf man auch fragen was zusammengefasst und vereinfacht werden kann. Das verschlankt die Verwaltung, erleichtert die Kontrolle und man kann gezielter feststellen, ob die Ressourcen richtig eingesetzt werden. Das sehe ich als außerordentlich positiven Effekt unserer Finanztransparenzinitiative. 

Frage: 
Transparent ist, wenn die Kirche alle Vermögenszahlen zusammengezählt hat und veröffentlicht. Ich glaube, den Satz würden jetzt viele unterschreiben. Warum kommunizieren Sie nur 20 Rechtsträger im Bistum Regensburg und lassen die anderen 1.000 außen vor?

Ehem. Generalvikar Fuchs: 
Wir fangen zunächst einmal mit den 20 großen Rechtsträgern auf Diözesanebene an. Wenn wir von Zahlen der Kirche sprechen, dann müssen wir schauen was Kirche ist. Jesus Christus hat die eine Kirche gegründet, die eine Seele hat und ein Leib ist mit vielen Gliedern. Im juristischen Sinne bedeutet das, dass viele Rechtspersonen zur Kirche gehören. 

Mit der Finanztransparenzinitiative beginnen wir auf der Diözesanebene. Wir wollen nach und nach erreichen, dass alle 15 Rechtspersonen nach Maßgabe des Handelsgesetzbuch-Standards bilanzieren. Damit ist viel Mühe und Arbeit verbunden. Die unterschiedlichen Entscheidungsgremien müssen entsprechende Beschlüsse fassen, die Umstellung planen und sie Schritt für Schritt umsetzen. 

Zur Kirche von Regensburg gehören auch 769 Pfarreien und Seelsorgestellen. Sie sind dezentral organisiert und werden von ihren jeweils eigenen, ehrenamtlichen Kirchenverwaltungen betreut. Sie alle umzustellen, würde ein Vielfaches des jetzigen Aufwandes nach sich ziehen. Deshalb betrachten wir die Pfarreien zu einem späteren Zeitpunkt, wobei gilt: Bereits jetzt legen alle Pfarreien den Gläubigen ihre Haushalte vor. Jeder kann sie einsehen und prüfen. Transparenz ist also bereits gegeben. Man kann sie allerdings noch erweitern. 

Mit Blick auf die Pfarreien muss man sich auch fragen, wer die Bilanzierung nach HGB-Standards umsetzen soll? Andere deutsche Diözesen haben die Pfarreien zusammengefasst und für ihr Finanzwesen hauptamtliche Mitarbeiter angestellt. Im Bistum Regensburg legen wir großen Wert auf die dezentrale Organisation. Wir sehen viele Vorteile, wenn die Menschen vor Ort über die Angelegenheiten ihrer Pfarrei selbst entscheiden. Eine HGB-Umstellung ist aber unter diesen Bedingungen kompliziert. 


"Jede Zahl hat ein Gesicht und die so bezifferte Ressource muss ganz und gar den Menschen in der Region dienen" 


Frage: 
Welches Presseecho wünschen Sie sich für den Tag x+1? 

Ehem. Generalvikar Fuchs: 
Schön wäre es, wenn es uns gelänge darzustellen, dass all diese Zahlen für die Menschen da sind, dass alles Geld, alle Häuser und all die Gebäude mit Gesichtern verbunden sind. Wenn das ankommt, wenn man den Zusammenhang zwischen den Zahlen und den ganz konkreten Menschen erfährt, wenn man nachvollziehen kann, dass die Kirche mit ihren Ressourcen Verantwortungen übernimmt, dann bin ich von Herzen dankbar.

(Redigierter und autorisierter Text des gefilmten Interviews vom 30. September 2016)

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