Altenpflege mit Herz: Im Altenheim St. Martin wird besonders viel Wert darauf gelegt, dass sich die Bewohner wohl und wie zuhause fühlen. Neben der Teilnahme an gemeinschaftlichen Aktivitäten und Festen gibt es für sie auch die Möglichkeit, aktiv an der Heimgestaltung teilzunehmen.
Selbstbestimmung statt Bevormundung
Im Altenheim Neustadt an der Waldnaab setzt man auf ein familiäres Umfeld
Josef Karl ist 94 Jahre alt. 2014 ist er umgezogen. Nicht weit, eigentlich nur ein paar Meter. Damals starb seine Ehefrau, 64 Jahre waren die beiden verheiratet. Ihre letzten Monate verbrachte seine Frau im Caritas-Altenheim St. Martin in Neustadt an der Waldnaab. Josef Karl blieb zuhause, er konnte seine Frau oft besuchen. Als sie starb, nahm er ihren Platz ein: Er zog selbst in das Altenheim. An der Wand seines Zimmers, direkt über seinem Bett, hängt das Hochzeitsfoto. Zwei junge Menschen lächeln in die Kamera.
Vieles hat Karl erlebt. Vier Jahre Soldat im Zweiten Weltkrieg, Kriegsgefangener in den USA, England und in Dachau. Dann wurde er Polizist, das blieb er auch bis zur Rente. Heute ist er Vorstand der Bewohnervertretung. Seine Aufgabe: Alle Belange der Bewohner seines Altenheimes gegenüber der Heimleitung zu vertreten. Die Arbeit macht er gerne – und vor allem gewissenhaft: „Man kann mitwirken und gestalten“, sagt Josef Karl. Er wohnt gerne hier.
Stefanie Schricker ist die Leiterin des Altenheims in Neustadt an der Waldnaab. Eigentlich ist sie gelernte Kinderkrankenschwester, hat auch auf einer Kinderstation gearbeitet. Aber irgendwie hatte sie schon immer ein Faible für ältere Menschen: „Mein Herz schlägt für die Altenpflege.“ Also hat sie Sozialpädagogik studiert, noch einen Master in Gerontologie draufgesetzt. Seit fünf Jahren arbeitet sie im Caritas-Altenheim St. Martin. „Ich bin glücklich, hier als Heimleiterin tätig zu sein“, sagt Schricker. Und man glaubt es ihr.
80 Bewohner leben in St. Martin
Schricker macht eine Tour durch das Haus. Ihr Haus. Sie spricht mit ihren Mitarbeiterinnen. Schaut, ob alles läuft. Das ist ihre Arbeit: „Ich kümmere mich hier von A bis Z – Personalfragen, Anliegen der Bewohner, Finanzfragen.“ Die Rangfolge ist dabei klar: „Oberste Prämisse ist die Qualität.“ Mehr als 80 Menschen wohnen in St. Martin, in zwölf Doppelzimmern und 60 Einzelzimmern. Schricker ist es wichtig, dass sich die Menschen im Heim wohlfühlen. Wie zuhause soll es sein. Die großen und wichtigen Feste des Jahren feiert die Gemeinschaft auch zusammen: Von Weihnachten und Ostern über verschiedene jahreszeitliche Feiern – etwa einem Martinszug, Kirchenweihfest oder dem „Oktoberfestzug“, bei dem es bayerisches Essen und Bier für die alten Menschen gibt.
Ein echtes Zuhause für alle Bewohner
Ein wichtiges Element dafür ist die Einrichtung. Jeder Bewohner kann eigene Möbel mitbringen – und das merkt man auch in den Zimmern. Sie sollen sich wohlfühlen, nehmen Kommoden, Schränke, Sessel aus dem alten Zuhause mit in das Altenheim: „Es soll hier für die Bewohner sein wie zuhause.“ Das beginnt schon beim Essen. Die Bewohner können essen, wo sie wollen – auf dem Zimmer oder gemeinsam im Speisesaal. Der Beginn: Ein gemeinsames Gebet. Dazu kommen zahlreiche Aktivitäten im Haus: Ein Frühschoppen am Sonntag, eine Vorleserunde, eine Zeitungsrunde für die Bewohnerinnen und Bewohner, die selbst nicht mehr so gut sehen und lesen können. Einmal in der Woche kommt eine Friseurin. Sie hat einen eigenen kleinen Laden im Altenheim. Es soll sein, wie bei einem normalen Friseur. Ist es: Stuhl, Spiegel, Zeitschriften im Wartezimmer.
Drahtseilakt zwischen Würde und Sicherheit
Die Arbeit im Altenheim ist manchmal ein Drahtseilakt. Viele Menschen sind im Alter nicht mehr so sicher auf den Füßen. Sie fallen auch mal aus dem Bett. Vielerorts greift man dann zu Fixierungen. „Wir sprechen uns in Absprache mit den Angehörigen gegen diese Maßnahme aus. Ein Bewohner hat das Recht, stürzen zu dürfen. Wir wollen ihn nicht in seiner Bewegungsfreiheit einschränken“, sagt Stefanie Schricker. Würde. Das ist ein schwieriges Thema. In Neustadt nimmt man dieses Thema sehr wichtig. Schricker will die alten Menschen nicht einschränken – weiß aber auch um ihre Sorgfaltspflicht. Auch im Zusammenhang mit Alzheimer und Demenz ist das nicht immer einfach. Seit dem letzten Jahr hat das Team um Schricker eine eigene Station für betroffene Bewohner eingerichtet.
Finanzierung durch Pflegeversicherung und Eigenanteile
Diese Arbeit kostet. Finanziert wird das durch die Bewohner. Die Höhe bemisst sich nach dem Pflegegrad. Einige der Bewohner sind „rüstig“, sie brauchen also keine Pflege. Alle anderen haben einen sogenannten Pflegegrad. Das staffelt sich in die Grade eins bis fünf. Je höher der Pflegegrad, desto mehr zahlt die Versicherung. Für jeden Bewohner bleibt ein gewisser Eigenanteil. Der wird nicht von der Versicherung getragen und muss von den Bewohnern selbst bezahlt werden. Wer das nicht aufbringen kann, wird vom Sozialamt unterstützt. So finanziert sich das Altenheim.
Überschuss ermöglicht Investitionen in Haus und Bewohner
Dabei bleibt meistens ein Überschuss. 2017 waren das mehr als 130.00 Euro. „Das darf aber nicht als Gewinn definiert werden. Dieses Geld wird reinvestiert“, erklärt Schricker. Und diese Investitionen sind auch immer nötig. Der neue Wohnbereich für Demenzkranke hat viel Geld gekostet. Letztlich wurde das Küchensystem umgestellt und neue Küchenanlagen wurden nötig. In einem Altenheim fallen viele Kosten an, das Gebäude muss immer wieder renoviert werden. Besonders in diesem Jahr: Im Februar brannte das Heim. Alle Bewohner mussten raus, zunächst in den Kindergarten, dann in mehrere Altenheime der Region. Nach nur fünf Monaten konnten die ersten Bewohner schon wieder einziehen. Der Schock steckt noch in den Knochen, die Mehrarbeit lässt Stefanie Schricker noch heute rotieren.
Das Caritas-Team hat es geschafft. Schricker ist froh, in einem Haus der Caritas arbeiten zu können: „Die Caritas ist ein sehr zuverlässiger Arbeitgeber. Die Caritas ist auch ausgezeichnet durch ihre Tariftreue. Dieses Feeling macht es aus, das Werteverständnis, das hinter der Caritas steht. Das entspricht meinen Idealen“, sagt Stefanie Schricker. Sie wird wohl bei der Caritas bleiben.