Michl Bruckmüller – Der "Glöckner von Westmünster"
Der Mann kann vieles. Hochdeutsch, das merkt man schnell, gehört nicht dazu.
Sein bayerisch ist einfach urig. Man kann sich Michael, genannt Michl Bruckmüller, auch gar nicht auf Hochdeutsch vorstellen. Die umtriebige gute Seele von Westmünster war LKW-Fahrer, Lagerarbeiter, chauffierte Busse durch die halbe Welt und ist dann doch sesshaft geworden. 1983 ist der gelernte Landmaschinenmechaniker zum heimlichen Chef im Westmünster aufgestiegen. Denn das sind sie doch, die Hausmeister: Alleskönner und Chefs von übergroßen Immobilien.
Tauben, Kerzen und eine Dampfheizung
"Sie glaum gar ned, wos mia do fia Probleme mid den Taubn hat'n", stöhnt der Mann abwinkend, der seit 33 Jahren jede noch so unzugängliche Stelle "seines" Westmünsters kennt. Mindestens einmal, "meistens aba zwoamoi pro Woch" kontrolliert Bruckmüller die Lieblingsstellen der Plage-Vögel und vergrault sie mit allerlei Barrieren. Doch erst der Einzug der Turmfalken oben am Kamin, berichtet Michl stolz, hält die Tauben jetzt weitgehend fern vom Westmünster. Problem erkannt, Lösung gefunden.
"Lösungen braucht's vui", denn der sympathische Hausmeister hat an anderer Stelle des siebenstöckigen Gebäudes richtig viel Arbeit. Die Heizung ist sein Sorgenkind. Die kombinierte Öl- und Gasanlage ist längst technisch aus der Zeit gefallen. Doch sie ist effizient. 96 Prozent Wirkungsgrad wurden kürzlich von Experten attestiert, das ist eine starke Leistung und auch der Schadstoffausstoß hält sich in Grenzen, referiert Bruckmüller mit leuchtenden Augen, der täglich Protokoll führt. Und es klingt, als sei er trotz großer Reparaturanfälligkeit ein bisschen Stolz auf das altertümliche Gerät. Denn die Heizung hat etwas Besonderes: vier Dampferzeuger. Die sorgen für Heißwasser in den Heizkörpern. Was nicht ganz billig ist, verrät der Hausmeister, denn die Dampferzeuger müssen 24 Stunden heißes Wasser vorhalten. Sagt der Mann für alle Fälle und es klingt fast so, als würde ihn schon Wehmut überkommen bei dem Gedanken, dass das alte Ungetüm irgendwann einmal einer modernen Heizung weichen könnte. Aber: "Wos sei muas, muas sei". Pragmatisch ist er dann doch.
Hausmeister und Mesner – Ein Mann für alle Fälle
Und langweilig würde es Michl Bruckmüller auch dann nicht. Der Mann ist Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr Regensburg. Als er noch jünger war, leitete er den Löschzug Altstadt. Die enge Altstadt war sein Revier. Inzwischen hat er abgespeckt und organisiert die Sicherheitswachen bei den Spielstätten der Städtischen Bühnen. Das verschafft ihm Zeit für anderes, denn im Westmünster ist er auch noch "Mesner". Bruckmüller kümmert sich um die große Hauskapelle und das kleine Oratorium. Hostien müssen vorrätig sein, Messwein muss da sein. Und große und kleine Kerzen dürfen nicht fehlen. "Als Glöckner von Westmünster" könnte man ihn bezeichnen. "Am Buckl fehlt's halt und des rechte Knie wui ned mehr so wia i wui", lacht der "Hausl" von Westmünster. Nicht jeder Hausmeister hat so viele Arbeitsfelder. Michl packt überall wo Not am Mann, leidenschaftlich mit an. Auch in der Großküche. Hier arbeitet "sei Frau", bemerkt Michl und lacht verschmitzt.
Vom bischöflichen Knabenseminar zum Verwaltungskomplex Westmünster
Für ein Haus des Bistums strahlt Westmünster wenig Sakrales aus. Das mehrstöckige graue Gebäude mit dem U-förmigen Flachbau der den Hochbau kreuzt, ist ein typischer Betonbau aus den 60er Jahren. Als deutschlandweit öffentliche Gebäude so gebaut wurden. Modern eben, ohne Spuren historischer oder regionaler Erkennungszeichen. Und doch ist das Westmünster kein Funktionsbau von der Stange.
Im Gegenteil: An einer Stelle, am Eingang der Komplexes, kann man ihn er- und anerkennen. Den 1969 gewonnen Architekturpreis. In Fachzeitschriften wurde die besondere Atmosphäre gelobt. Ein Ort, an dem sich junge Menschen wohlfühlen, war seinerzeit zu lesen. Und: hier spüre man "geistiges Fluidum und menschliche Wärme". Und die war besonders wichtig bis 1999, denn bis dahin dauerte die lange Tradition des Knabeninternats. Seitdem ist das Westmünster im Weinweg 31 fast ein Verwaltungsgebäude des Bistums. "Do gengan am Dog fast 2.000 Leid ein und aus", schätzt der Hausmeister, der die Bedeutung der Adresse für Regensburg damit einmal mehr herausstreicht.
Zum Beispiel das Religionspädagogische Seminar. 15 Mitarbeiter kümmern sich hier um die Ausbildung angehender Religionslehrer des Bistums. Erst wenige Jahre Untermieter ist das Referat Schule/Hochschule, berichtet Michl Bruckmüller. 10 Mitarbeiter sind zuständig für die insgesamt 14 Schulen innerhalb der Bistumsgrenzen an denen rund 6.500 Schüler unterrichtet werden. Und dann gibt es da noch die Schulstiftung mit ihren zehn Angestellten, die es sich zum Auftrag gemacht hat langfristig das schulische Engagement des Regensburger Bistums abzusichern. Die Schulstiftung ist zum Beispiel Träger der Bischof-Manfred-Müller-Schule, dem Nachbarn. "In da Woch renna de Kinda do um 7:45 Uhr oamoi quea üba des Gelände", erzählt Michl lachend. "De gengan gern in de Schui".
Ein Schlüssel für alles
Michl Bruckmüller kennt sie alle im Westmünster, doch viel mehr kennen sie ihn, den Mann mit dem Schlüssel. "De Zeidn san voabei", so Bruckmüller, "ois Hausl no Schlüsselbunde herumtrugn schwer wie Blei". Mit einem allein öffnet und schließt er alles. Es ist seine erste Tätigkeit an jedem Morgen und seine letzte Tat am Abend. Und er macht es gerne, mit viel Stolz und Leidenschaft, denn irgendwie ist es ja auch sein Westmünster. "Wurscht ob schee oda ned, wichtig is 's. Fia Rengsburg. Darauf kimmd 's an". *
* Am 1. Januar 2017 wechselt Michael Bruckmüller in das Ordinariat des Bistums Regensburg.